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Heiliger Geist

 

Welche Bedeutung haben unsere großen Feste? Der ursprüngliche Sinn von Weihnachten, Ostern oder Pfingsten, ist – je weiter man nach Nordosten kommt, immer weniger bekannt. Weihnachten kennen viele ja noch, bei Ostern tun sich die meisten schon schwer (und verwechseln das meist mit Karfreitag) und zu Pfingsten fällt vielen vielleicht noch ein „Pfingstochse“ ein. Aber Hand aufs Herz – wisst ihr denn, was es mit dem Pfingstochsen auf sich hat?

 

Aber können wir selbst denn Pfingsten erklären? Wir –damit meine ich diejenigen unter uns, die schon lange Christen sind und es eigentlich gut wissen müssten?

 

Dass darüber so wenig Handfestes gesagt werden kann, das wir und andere Menschen verstehen könnten, liegt sicherlich auch daran, dass die Ereignisse zu Pfingsten, so wie sie uns in der Apostelgeschichte überliefert sind, doch recht ungewöhnlich und richtig mystisch sind. Das widerspricht doch unserer Welt, die doch immer alles erklärt haben möchte.

 

In Apostelgeschichte 2 heißt es:

 

Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle [d.h. die Jünger] am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab (Verse 1-4) 

 

Und ein paar Verse später staunen die Menschen über die Apostel:

Wir hören sie in unseren Sprachen von den großen Taten Gottes reden. (Vers 11)

 

Cool, was da beschrieben ist: es rauscht am Himmel und plötzlich haben alle Feuerzungen auf sich, ohne zu verbrennen! Wie in einer tollen Computeranimation oder einem Mysteryfilm. Aber, das, was dahinter steckt, ist nicht sichtbar, sondern zeigt sich nur in der Wirkung: plötzlich verstehen sich alle, auch wenn sie von woanders herkommen.

 

Dahinter steckt:  der Heilige Geist. Über seine Wirkungen können Theologen lange Abhandlungen schreiben. Denn der Heilige Geist tritt nicht nur am Pfingstfest auf. Die Bibel – das Alte wie das Neue Testament – ist voll mit Geschichten, in denen der Heilige Geist auftritt und wirkt. Und vor allem: er wirkt noch heute.

 

Wie kann ich euch also so kurz wie möglich etwas über den Heiligen Geist erklären? Ich konzentriere mich auf drei wesentliche Eigenschaften:

 

1.     Kommunikationsmittel

2.     Fürsprecher

3.     Kraft


1.     Der Heilige Geist als Kommunikationsmittel

Dass sich plötzlich alle verstehen, egal aus welchem Land sie kommen und welche Sprache sie sprechen, ist das eigentliche „Pfingstwunder“. Dies wird erst durch den Heiligen Geist möglich.

Wir leben heute in einer Zeit, in der Kommunikation groß geschrieben wird.

Nehmen wir mal so ein Smartphone, das uns verspricht, jederzeit und überall  kommunizieren zu können. Aber verstehen wir uns dadurch besser?

Ist nicht das Gegenteil der Fall? Werden wir nicht im Extremfall zugeschüttet mit WhatsApp-, Twitter-, Messenger-Nachrichten, von Emails, von Newslettern, die uns stets auf dem Laufenden halten? Gleichzeitig habe ich  das Gefühl, dass die Menschen immer weniger informiert sind, immer weniger die Ereignisse einordnen können und die Sprachlosigkeit in der Gesellschaft und sogar zwischen den Staaten auf der ganzen Erde immer mehr zunimmt mit der Folge, dass um uns herum Gewalt und Kriege ausbrechen und die vermeintlich einfachen Lösungen auf dem Vormarsch sind.

Der Heilige Geist ist – entschuldigt den Vergleich - auch wie ein Smartphone. Aber er schickt nur die wirklich wichtigen Meldungen an uns, nämlich die, in denen Gott, in denen Jesus  etwas direkt zu uns sagen möchte.

Jesus selbst hat dies so formuliert:

Aber wenn der Geist der Wahrheit kommt, wird er euch in die ganze Wahrheit einführen. Was er euch sagen will, hat er nicht von sich selbst, sondern er wird euch sagen, was er hört. Er wird euch in der Zukunft den Weg weisen. Er wird meine Herrlichkeit sichtbar machen, denn was er an euch weitergibt, hat er von mir (Johannes 16, 13-14).

Der Heilige Geist spricht nicht in unsere Augen und Ohren, sondern direkt in unser Herz, weil er dieses für Gott, für Jesus erobern möchte.

Diese Kommunikation ist also nicht wertfrei, sondern hat eine bestimmte Absicht.

Sie will uns stärken!
Sie will uns leiten!
Sie will, dass wir dabei bleiben!

Jesus sagt vor seiner Himmelfahrt: Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten; und ich werde meinen Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit. […] Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. (Johannes 14, 15, 16, 26).

Ein Beistand, ein Helfer, ein Stellvertreter, ein Fürsprecher, das sind verschiedene Übersetzungen dafür, wozu der Heilige Geist gesandt ist.

 

2.     Der Heilige Geist als Fürsprecher

Der Kommunikationsweg ist also keiner, der von – meinetwegen oben nach unten, von Gott zum Menschen – führt, so als wären wir eine Armee aus Marionetten. Nein, die Kommunikation kann in beide Richtungen führen, weil es Jesu Anliegen ist, dass wir bei ihm bleiben.

Paulus hat das später so verstanden:
Der Geist Gottes kommt uns […] zur Hilfe. Wir sind schwach und wissen nicht einmal, wie wir angemessen zu Gott beten sollen. Darum tritt der Geist bei Gott für uns ein mit einem Flehen, das sich nicht in Menschenworten ausdrücken lässt. Aber Gott weiß auch, was der Geist ihm sagen will (Römer 8, 26-27).

Selbst, wenn wir gar nicht ausdrücken können, was wir von Gott erbitten, hilft der Heilige Geist dabei, dass Gott es versteht. Der Heilige Geist ist daher auch Mittler zwischen uns und Gott, so wie er Mittler zwischen Gott und uns ist.

Stellt euch dieses Seufzen und Flehen vor, dass der Heilige Geist zu Gott bringt, all das, was wir nicht aussprechen können, weil es so schwer ist, weil wir nicht wissen, wie wir es Gott sagen können.

Aber es gibt natürlich auch das Gegenteil: wir wissen ganz genau, wo es lang geht. Da muss uns der Heilige Geist dann manchmal zurückpfeifen, damit Gottes größerer Plan zum Tragen kommt.

So ging es schon Paulus. Er wollte das Beste für Gott, was er sich denken konnte: die Menschen in Kleinasien für Jesus gewinnen. Wollte in die großen Städte, dort, wo viele Menschen das Zeugnis von Jesu Auferstehung brauchten. Meinte er. Doch der Heilige Geist verwehrte es ihm, in Kleinasien zu predigen. Also zog er weiter nach Norden, „doch der Geist Jesus  (so wird er hier genannt) ließ es nicht zu“, lesen wir in Apostelgeschichte 16,7. Schaut euch mal in eurer Bibel die Zickzackroute von Paulus an. Und warum das Ganze? Weil Jesus wollte, dass Europa die Botschaft hört. Und so steht Paulus schließlich am Strand der Ägäis (dort, wo bis vor kurzem die vielen Flüchtlinge übersetzten) und gelangt schließlich nach Philippi in Makedonien und bis nach Athen.

Hätte Paulus nur auf seine eigenen Pläne gehört, wäre ganz Kleinasien vielleicht schneller christlich geworden. Jesus hatte mehr im Sinn und das hat der Heilige Geist dem Paulus gesagt. Dann wäre Herr Erdogan heute vielleicht Christ. Aber was wäre aus Europa geworden?

Wir wissen nicht, wie das damals genau geschah. Aber immer wieder kommt in Zeugnissen zum Ausdruck, dass das ganz leise sein kann. So berichtet Bill Hybels, der Gründer der Willow Creek Gemeinde von drei entscheidenden Punkten in seinem Leben. Jedes Mal habe er das leise Flüstern des Heiligen Geistes gehört und seine Vorhaben daher über Bord geworfen:
1. als er statt Karriere in der Firma seines Vaters zu machen Theologie zu studieren begann und die Willow Creek Kirche gründete,
2. als ihm die Ausbildung von Pastoren aufs Herz gelegt wurde und
3. als er den Auftrag bekam, dies auf der ganzen Welt zu tun. Daraus ist eine ganz mächtige Entwicklung geworden, die mittlerweile auch in unserem Land eine große Wirkung entfaltet.

Es gibt viele Beispiele, wie auch heute noch Menschen angesprochen werden. Ganz neue Kirchen oder Bewegungen entstehen aktuell dadurch.

Alles hängt davon ab, wie wir genau Hinhören und vor allem, ob wir um den Heiligen Geist bitten.

 

3.     Der Heilige Geist als Kraft  

Mit dem Herzen können wir mehr sehen und hören als mit unseren Augen und Ohren.

Nehmen wir mal eine Borhmaschine. Wir sehen, was dieses Gerät macht. Unsere Augen sehen aber nicht, was dahinter steckt. Dahinter steckt, dass Strom fließt. Strom ist die Kraft, die die Maschine antreibt. Und der Heilige Geist treibt die Menschen an.

Versetzen wir uns mal in die Lage der Jünger, die immerhin im Gegensatz zu uns Jesus direkt vor Augen hatten. Zweimal hatten sie Jesus verloren, am Karfreitag und nun zuletzt, als Jesus in den Himmel empor gefahren war.

Einsam standen sie da und starrten in den Himmel. Vorher hatte Jesus ihnen zum Abschied noch gesagt: Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde. (Apg.1, 8).

Nun stehen sie da und starren nach oben, bis zwei Engel sie fragen, was steht ihr hier so rum. Da senken sich ihre Blicke und sie wenden sich der Erde zu und ihrem Auftrag. Sie gehen ausführlich ins Gebet und regeln erstmal die Nachfolge von Judas im Kreis der Apostel.


Manchmal brauchen wir einen Anstoß von außen!

Und dann kommt der Pfingsttag mit den geschilderten Erscheinungen. Die Apostel stehen nun wie unter Strom, von der Energie des Heiligen Geistes bewegt. Sie sind völlig verzückt, wirken wie betrunken.

Mit Hilfe des Heiligen Geistes werden sie verändert. Schaut euch nur einmal Petrus an, der zwar manchmal eine große Lippe riskierte, aber vermutlich ein wortkarger Fischer war – so kenne ich Fischer jedenfalls. Jetzt wird er vor einer unübersehbaren Menschenmenge zum Zeugen für Jesus werden. Wir werden gleich noch davon hören. Und wenig später in der Apostelgeschichte lesen wir von seinem mutigen Auftreten vor dem Hohen Rat.

Diese Veränderungen in einem Menschen passieren auch heute noch. Der Heilige Geist, der so schwer zu fassen und zu erklären ist, verändert Menschen, befähigt sie und führt sie zu ihrem eigentlichen Auftrag.

Mit Hilfe des Heiligen Geistes kann Jesus alles neu machen. So wie das Pfingstfest ursprünglich ein jüdisches Fest war, das durch das Eingreifen des Heiligen Geistes damals eine ganz neue Bedeutung bekam. Und das kann auch heute noch passieren.

Bleibt zum Schluss noch die fällige Auflösung des Rätsels „Was ist ein Pfingstochse“?

Hier die Erklärung, die ich im Internet gefunden habe:

Der Pfingstochse ist Bestandteil eines heute nur noch vereinzelt gepflegten Brauchtums zum Pfingstsonntag. Das Vieh wird an diesem Tag das erste Mal auf die Weide getrieben und dabei in einer Prozession durch den Ort geführt. Das kräftigste Tier wird mit Blumen, Stroh und Bändern geschmückt und führt als Pfingstochse die Herde an (daher auch die Redensart „geschmückt wie ein Pfingstochse“).

 

Im scherzhaften Sinn bezeichnet der Pfingstochse im altbayerischen und österreichischen Raum auch denjenigen, welcher am Pfingstsonntag am längsten schläft. In manchen Orten wird der „Pfingstochse“ auch auf einer Schubkarre durch den Ort gefahren, um allen zu zeigen, wer der Langschläfer ist.

 

Wir Ochsen haben den Heiligen Geist nötig, seine erneuernde Kraft und seine Fürsprache bei Gott, bei Jesus.

Wenn wir den Heiligen Geist wahrnehmen, dann sind wir ganz Ausgeschlafene!

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Kommentare: 1
  • #1

    Kraft-Eike Wrede (Mittwoch, 02 Juni 2021 12:36)

    Lieber Wolfgang, Du hast Recht: Deine Predigt ist zeitlos-aktuell geblieben! Du hast deutliche Worte gefunden, welche die Menschen erreichen können, so sie denn guten Willens sind, "die Botschaft auch zu hören".
    Denk an das von mir vielzitierte Sprichwort, wonach man vom "Ochsen nicht mehr als Rindfleisch verlangen" könne. In solchen Situationen fehlt dann halt der HEILIGE GEIST, dessen Wehen allein jemanden - bei Berührung - verändern kann! Ich habe das selbst, wenn auch nur wenige Male, in meinem Leben erfahren.