Wir haben heute den 4. Advent.
Was kommt danach?
Weihnachten, richtig.
Was kommt danach? Karfreitag, Ostern, Pfingsten, das ganze Kirchenjahr durch, zum Schluss der Ewigkeitssonntag, dann ist wieder Advent.
Das scheint also relativ einfach zu sein.
Aber wie ist das in unserem Leben?
Das geht – wenn es gut geht – auch erst einmal seinen Gang. Doch immer wieder stellt sich die Frage: Was kommt danach?
Was kommt nach der Geburt, ist dann alles in Ordnung, ist das Kind gesund?
Was kommt nach der Kita? Packt mein Kind den Wechsel zur Schule? Neue Kinder, neue Gesichter?
Was kommt nach der Schule? Welchen Beruf soll ich wählen? Was fang ich mit meinem Leben an? Will ich einen Partner, will ich Kinder?
Was kommt nach der Arbeit? Reicht die Rente? Was fang ich an mit meiner Zeit?
Was kommt danach? Was ist nach dem Tod?
Die Frage aller Fragen, die wir gerne verdrängen. Besonders wenn man jung ist.
Mit dieser Frage möchte ich mich heute beschäftigen. Eine ungewöhnliche Adventspredigt vielleicht, besser für den Ewigkeitssonntag geeignet? Aber erstens beschäftigt mich zur Zeit das Thema sehr intensiv – in den letzten zwei Monaten sind sowohl meine Mutter als auch mein Schwager gestorben, zweitens finde ich, dass das Thema durchaus mit Advent und Weihnachten zu tun hat.
Was kommt danach?
Ich erzähle euch mal eine Geschichte von einem Zwillingspärchen im Mutterleib:
„Sag mal, glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?“ fragt der eine Zwilling.
„Ja, auf jeden Fall! Hier drinnen wachsen wir und werden groß und stark für das was draußen an der frischen Luft kommen wird.“ antwortet der andere Zwilling.
„Ich glaube, das hast du eben erfunden!“ sagt der erste. „Es kann kein Leben nach der Geburt geben – und wie soll den ‚frische Luft‘ bitteschön aussehen?“
„So ganz genau weiß ich das auch nicht. Aber es wird sicher viel heller sein als hier. Und vielleicht werden wir mit den Beinen herumlaufen können und mit dem Mund tolle Sachen essen?“
„So einen Schwachsinn habe ich ja noch nie gehört! Mit dem Mund essen, was für eine verrückte Idee. Es gibt doch die Nabelschnur, die uns nährt. Und wie willst du herumlaufen? Dafür ist doch die Nabelschnur viel zu kurz.“
„Doch, das geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders sein.“
„Du träumst wohl! Es ist doch noch nie einer zurückgekommen von ’nach der Geburt‘. Mit der Geburt ist das Leben einfach zu Ende! Punktum!“
„Ich gebe ja zu, dass keiner genau weiß, wie das Leben ’nach der Geburt‘ aussehen wird. Aber ich weiß, dass wir dann unsere Mutter sehen werden und sie wird sicher für uns sorgen.“
„Mutter??? Du glaubst doch wohl nicht an eine Mutter? Wo soll denn die nun sein, bitteschön?“
„Na hier – überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein!“
„So ein Blödsinn! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht! Schluss damit!“
„Doch, manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie leise singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt ganz sanft und liebevoll streichelt …“
(Eine Geschichte von Henri Nouwen, zitiert nach www.zeitlos-meditation.de)
Was kommt danach? Zwilling A kann sich nicht vorstellen, dass es außerhalb der Welt, die er kennt, noch etwas anderes gibt. Zwilling B ist da vielleicht sensibler, reimt sich aus den Beobachtungen, die er so gemacht hat, etwas anders zusammen.
Es gibt Menschen, denen genügt dieses Leben. Sie können sich nicht vorstellen, dass es mit dem Ende des Lebens erst so richtig los geht.
Die Bibel behauptet etwas anderes. Jedenfalls für die, die an Jesus Christus glauben.
Was kommt danach? Das Beste kommt jedenfalls zum Schluss. Gib mir Zeit, dir das zu erklären.
Zwei Szenen aus dem Neuen Testament, in denen es um zwei Menschen geht, die Lazarus heißen:
Erste Szene, Lazarus Nr.1 und seine Schwestern Martha und Maria werden als besondere Freunde Jesu gezeichnet. Auf einer seiner Wanderungen spürt Jesus plötzlich, dass Lazarus gestorben ist und geht zu Martha und Maria nach Hause (Johannes 11,21-24):
Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta spricht zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage.
Zweite Szene, Lazarus Nr.2: Von einem anderen Lazarus erzählt Jesus seinen Jüngern in der Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus in Lukas 16,19-26:
Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Ein Armer aber mit Namen Lazarus lag vor seiner Tür, der war voll von Geschwüren und begehrte sich zu sättigen von dem, was von des Reichen Tisch fiel, doch kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Es begab sich aber, dass der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme. Abraham aber sprach: Gedenke, Kind, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. Und in all dem besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüberwill, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber.
Botschaft Nr.1: Jesus will Leben und schenkt neues Leben in den Tod hinein.
Botschaft Nr.2: Es gibt zwei Wege, aber nur einen zum Ewigen Leben.
Schauen wir ein bisschen genauer in die beiden Szenen.
Das irdische Leben
Wie schon gesagt: Auf dem Weg nach Jerusalem kommt Jesus in der Nähe seiner Freunde vorbei. Jesus spürt, Jesus weiß plötzlich, dass Lazarus gestorben ist und steuert das Haus der Geschwister an.
Dort begrüßt ihn Marta mit einem Vorwurf: Wenn Jesus schneller da gewesen wäre, wäre der Bruder noch am Leben.
Marta sieht aber dennoch weiter: sie glaubt, dass ihre Bitte, dass ihr Bruder mit Jesus auferstehen kann, erfüllt würde. Kurz gesagt. Dass Tote auferstehen können am Jüngsten Tag – das wurde damals im Orient schon geglaubt. Jesus aber geht noch einen Schritt weiter. Direkt nach dieser Szene erweckt er Lazarus wieder zum Leben.
Botschaft 1: Jesus will Leben und schenkt neues Leben in den Tod hinein.
Jesus ist nicht lebensfeindlich. Er will das Leben. Und nicht nur das Ewige Leben - das macht er hier deutlich –, sondern auch das irdische Leben. Deshalb schenkt er es Lazarus zurück.
Das entspricht nicht dem Vorurteil von Nichtchristen und auch vieler Christen. In der Bibel geht es vielfach um Leben oder Tod, aber eben auch um das irdische Leben. Wie anders sind die vielen lebenspraktischen Ratschläge in den Sprüchen oder im Buch Prediger zu verstehen.
So geh hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn dein Tun hat Gott schon längst gefallen. (Prediger 9,7)
Das rät der weise Prediger und das klingt doch nach Leben, oder? Zugegeben, das Zitat ist aus dem Zusammenhang eines langen Buches gerissen, in dem der Weise sehr viel über das Leben, seine Freuden, seine Mühe und seine Vergeblichkeit philosophiert. Denn nichts ist so sicher wie der Tod und damit das Ende des Lebens.
Aber hier wird mit einem Missverständnis aufgeräumt, dem wir oft aufsitzen: Das versprochene Leben ist keine Vertröstung auf später, auf nach dem Tod. Nein, das irdische Leben darf ein Vorgeschmack des Himmels sein, wenn wir es dankbar aus Gottes Hand nehmen.
Noch ein Vers aus diesem Buch:
Ist's nun nicht besser für den Menschen, dass er esse und trinke und seine Seele guter Dinge sei bei seinem Mühen? Doch dies sah ich auch, dass es von Gottes Hand kommt. Denn wer kann fröhlich essen und genießen, wenn nicht ich? Denn dem Menschen, der ihm gefällt, gibt er Weisheit, Verstand und Freude (Prediger 2,24-26).
Gerade das Wissen, dass der Tod nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang ist, ist sehr befreiend. Wenn man alles in das kurze Leben packt, das man hat, kann man unter Druck geraten. Wie erleichternd ist so eine Zusage, dass man das Leben genießen kann, weil man weiß, dass es noch nicht alles ist und es aus Gottes Hand kommt!
Jesus will Leben. Deshalb hat er den Himmel verlassen und kam er als Mensch in einem Stall in Bethlehem auf die Welt. Hier und Jetzt, mitten in allem weltlichen Getriebe und Elend, Hier und Jetzt, in Corona, Tornados und Flutkatastrophen, beginnt die Ewigkeit!
Tod und Ewiges Leben
2. Szene, Botschaft Nr.2: Es gibt zwei Wege, aber nur einen zum Ewigen Leben.
Die 2. Geschichte ist eine Mahnung. Leben und Tod gibt’s nur im Doppelpack. Da landet der reiche Mann, dem es im irdischen Leben so gut ging, plötzlich in der Hölle. Leidet Qualen. Hölle, darüber wird heute im Allgemeinen nicht mehr gepredigt, wir sind ja nicht mehr im Mittelalter, als ganz groß Angst geschürt wurde vor den ewigen Höllenqualen. Das macht man doch heute nicht mehr, oder?
Aber: Jesus selbst ist es, der mit dieser Geschichte eine Warnung ausspricht. Das können und sollten wir also besser nicht ignorieren. Jesus zeigt, dass es nach dem Tod Unterschiede geben wird. Und diese Warnung ist wichtig, denn: Das Leben ist kurz, der Tod im Zweifel ewig.
Stell dir eine Landstraße vor, du fährst Tempo hundert. Plötzlich ein Schild, so ein dreieckiges Warnschild Achtung Kurve, dazu eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 50. Du bist gut beraten, diese Warnung ernst zu nehmen. Wenn du weiter mit Tempo 100 weiter rauschst, fliegst du im Zweifel geradeaus aus der Kurve und landest auf der falschen Seite des Grabens. Wenn du aber abbremst, die Kurve nimmst, bleibst du auf der richtigen Seite des Grabens – auf der Straßenseite.
Aus dem Gleichnis von Lazarus und dem reichen Mann lernen wir, dass wir nicht dabei stehen bleiben sollten, es uns gut gehen zu lassen, zu essen, zu chillen. Unser Leben mit Karacho einfach geradeaus zu fahren. Nein, der reiche Mann landet auf der falschen, der qualvollen Seite des Grabens, weil er es dabei belassen hat – und Lazarus, dem er hätte helfen können, ignoriert hat.
Danach kam der Tod. Der ewige Tod – für immer getrennt von Gott auf der anderen Seite des Grabens.
Überlege, was es für dich bedeuten könnte, zu Jesus zu gehören, sich um Menschen wie Lazarus zu kümmern, anderen Gutes zu tun. Auch wenn oder gerade weil wir von der Gnade und Barmherzigkeit unseres Gottes leben, es muss Folgen haben, sonst würde Jesus dieses Gleichnis nicht erzählen.
Was kommt nach Weihnachten? Jesus hat es nicht dabei belassen, ein normales menschliches Leben zu leben. Danach kam irgendwann das Kreuz von Golgatha. Weil Jesus dich so unendlich liebt, ist er an dieses Kreuz gegangen, damit du rechtzeitig die Kurve kriegst.
Das ist die Botschaft aus der Szene 2. Das ist eine gute Botschaft. Das ist Evangelium.
Der Text der ersten Szene geht übrigens so weiter:
Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie [Marta – und hier setze Deinen eigenen Namen ein] spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt. (Johannes 11,25-27)
Wer an Jesus glaubt, dessen Leben geht nach dem Tod weiter, das ist seine Zusage.
Die Geburt Jesu erinnert uns auch daran, dass wir uns für Jesus entscheiden müssen.
Danach ist nichts mehr so wie vorher.
Still sein
Hören wir zum Abschluss noch mal in die Unterhaltung der Zwillinge:
„So ein Blödsinn! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht! Schluss damit!“
„Doch, manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie leise singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt ganz sanft und liebevoll streichelt …“
Übersetzt in unser Leben nach der Geburt lautet der erste Satz so:
So ein Blödsinn! Von einem Gott habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es ihn auch nicht! Schluss damit!
So denken viele und wenn du diese Predigt hier hörst und genauso denkst, weiß ich nicht – da bin ich ganz ehrlich –, ob diese Worte das ändern können.
Die Antwort des zweiten Zwillings kann aber bei der Frage weiterhelfen, wie man Gott wahrnehmen kann: indem man still wird.
Das ist – zugegeben – in unserem immer schneller, lauter und trubeliger werdenden Leben immer schwieriger geworden.
Aber still sein, nichts tun, ist wichtig, um Gott auf die Spur zu kommen.
Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin! sagt Gott selbst im Psalm 46,11.
Denn Gott ist zwar gewaltig und hat die Macht, sich zu zeigen. Aber meist tut er das auf die leise Tour.
Das musste schon der Prophet Elia erfahren, der in einem großen, gewaltigen Showdown auf dem Berg Karmel zeigen durfte, dass Gott der Einzige und Mächtige ist. Lies das mal in 1. Könige 18 nach.
Doch kurze Zeit später ist er am Ende, erschöpft und mutlos. Er ruft nach Gott.
Der HERR antwortete: Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den HERRN! Da zog der HERR vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem HERRN voraus. Doch der HERR war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der HERR war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der HERR war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. (1. Könige 19,11-12)
Gott ist in dem sanften Säuseln, wie es die Einheitsübersetzung nennt. Das klingt so sanft und zärtlich, wie der zweite Zwilling es von der Mutter sagt.
Lass Dich so von Gott ansprechen.
Lass dir seinen Frieden in dein Herz legen.
Dann spürst du vielleicht, dass dein Herz im Einklang mit Gottes Vaterherz schlagen kann.
Danach bleibt es vielleicht nicht beim leichten Säuseln, sondern dann packt Gott vielleicht sogar noch ein Wunder oben drauf. Probiers aus!
Ein Wunder hat er schon an Dir getan: Er hat dir dein Leben geschenkt durch Deine Geburt. Es gibt bereits ein Leben nach der Geburt! Und wenn du dich an Jesus hängst, dann gibt es auch für dich ein Leben nach dem Tod.
Danach wird ewig Friede und Freude sein.
Die Weihnachtsfreude ist nur ein kleiner Vorgeschmack.
Amen
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