Der ganz normale Wahnsinn – ist das eine Beschreibung Deines Alltags, Deines Lebens? Dann – willkommen im Club!
Die Spannung zwischen normal und Wahnsinn – war sie nicht in den letzten Monaten ganz besonders mit den Händen zu greifen? Und – seien wir ehrlich – ist es nicht eigentlich immer so?
Auch Jesus erlebte diese Spannung in seinem Leben. Auf sein Leben zwischen Weihnachten und Ostern möchte ich heute blicken. Du wirst Dir selbst zusammenreimen können, was das mit Deinem Leben heute zu tun haben könnte…
Normal
Wir sind gerade genau in der Mitte zwischen Weihnachten und Ostern. Aschermittwoch ist vorbei, die Passionszeit hat begonnen, die unseren Blick immer mehr auf das Leiden Jesu, seinen Tod und seine Auferstehung lenkt.
Aber schauen wir zunächst nochmal zurück nach Weihnachten, zur Geburt Jesu.
Jesus
Normal ist es vielleicht nicht, aber damals bestimmt auch nicht unbedingt der Rede wert, dass ein Kind in einem Stall geboren wird. In Bethlehem. Eine normale, kleine Stadt in Judäa.
Die ersten Besucher sind Hirten aus der Umgebung, die in diese ganz normale, ärmliche und sicher nicht angenehm riechende Umgebung passen.
Aufwachsen wird Jesus in dem Heimatdorf seiner Eltern, Nazareth in Galiläa. Eine ganz normale Gegend im Bezirk der nicht-jüdischen Völker. Das bedeutet der Name Galiläa. Juden sind hier erst in den letzten hundert Jahren eingewandert und bilden nun die Mehrheit. Keine besonders fromme Gegend offensichtlich. Die Menschen hier gelten als besonders konservativ. Ganz normal eben.
Normal ist auch seine Familie. Über die Mutter Maria wissen wir nur wenig. Nichts Bedeutsames. Normal eben. Josef, ihr Verlobter, hat immerhin einen tollen Stammbaum, der bis König David zurück reicht. Doch dafür kann er sich nichts kaufen. Er verdient seinen Lebensunterhalt als Zimmermann, der gleichzeitig Schreiner, Architekt und Bauarbeiter ist. Als Auftragsarbeiter. Das ist in Galiläa völlig normal. Und irgendwann verschwindet er einfach, nichts wird mehr über ihn erzählt. Vermutlich stirbt er früh.
Jesus wächst in einer Großfamilie mit mindestens sechs Brüdern und Schwestern auf. Ganz normal damals. Wir wissen aus der Bibel nicht viel über Jesu Kindheit und Jugend. Die vier Evangelisten erzählen darüber – nichts. Vermutlich schlicht deshalb, weil sich nichts Besonderes ereignet hat. Anders als von anderen Lichtgestalten der Weltgeschichte gibt es von Jesus keine Berichte über Wundertaten aus der Kindheit. Jesus wächst ganz normal heran.
Da Josef ein frommer Mann war, können wir uns vorstellen, dass Jesus eine ganz normale religiöse Erziehung genoss. Dass er als Teenager die Tora auswendig kannte. Da musste er sicher schon im väterlichen Betrieb mit anpacken und seine Mutter unterstützen. Ansonsten führte Jesus auch in seinen 20er Jahren vermutlich das ganz normale Leben in einem galiläischen Provinznest.
Soweit, so normal.
Die Jünger Jesu
Aber plötzlich – mit rund 30 Jahren – tritt Jesus ins Rampenlicht. Er umgibt sich mit ganz normalen Leuten, seinen Jüngern, wie sie später genannt werden.
Wer sind sie, die 12 Jünger, die Jesus sich aussucht. Auf den ersten Blick nicht qualifiziert für größere Aufgaben. Die meisten kommen wie Jesus aus Galiläa, zum Teil aus der Nachbarschaft, zum Teil aus der Verwandtschaft. Sie sind wie Jesus Normalos mit ganz unterschiedlichen Charaktereigenschaften.
Sie waren Fischer, Handwerker, Händler, die immerhin ihre Familien offenbar so abgesichert hatten, dass sie sich eine Auszeit mit Jesus leisten konnten. Rückblickend überraschend: es gibt keinen Politiker, Philosophen und Religionsexperten unter den 12en. Das war schon in der damaligen Zeit - der griechisch-römischen Welt, in der Bildung, Philosophie, das Sich-Durchsetzen an die Macht eine große Rolle spielte - ungewöhnlich. Wie gesagt, ganz normale Leute also.
Der ganz normale Wahnsinn
Nun wirst du dich fragen, so normal, so langweilig, wann kommt endlich der Wahnsinn? Wenigstens der ganz normale Wahnsinn – den wir in unserem Alltag, unserem Leben finden, wie war das bei Jesus?
Bitteschön, schauen wir mal:
Die zweite Besucherdelegation, die in den armseligen Stall in Bethlehem hineinschneit, ist schon mal ganz unnormal. Drei Weise aus dem Morgenland, wie Matthäus sie nennt, wahrscheinlich eine Karawane von gebildeten Sterndeutern aus dem Mittleren Orient. Sie haben aus den Sternen gelesen, dass hier ein neuer König geboren worden ist. Eine ganz und gar nicht normale Planeten-Konjunktion, das dreimalige Kreuzen der Bahnen von Jupiter und Saturn sowie zwei Jahre später eine Supernova setzen sie in Marsch. Die Unruhe, die sie in der Umgebung des Stalles auslösen, führt uns in den ganz normalen Wahnsinn, der sich gerade um Jerusalem herum abspielt.
Zum Hintergrund: Das Römische Reich ist auf dem Höhepunkt seiner Macht. Militärische Eroberungen mit grausamen Gewaltexzessen hatten das Reich weit über Italien ausgedehnt. Auch Jerusalem wurde 63 vor Christus von den Römern erobert, der Tempel entweiht. Aber lange erfreuten sich die Römer nicht daran. Sie zogen sich wieder zurück. Auch weil der neue jüdische Herrscher ihnen ergeben ist. Es ist Herodes, den wir ebenso wie den römischen Kaiser Augustus aus der Weihnachtsgeschichte kennen. Herodes der Große, wie er später genannt wird, ist ein selbstverliebter Paranoiker. Er hat sich seinen Thron ebenso blutig erobert wie manch römischer Herrscher. Mit Hilfe der Römer steigt er unaufhaltsam auf. Bei den Frommen ist er nicht beliebt, weil er gar keine jüdische Herkunft hat. Um sich den Respekt der Juden zu verschaffen, baut er den Tempel in Jerusalem neu auf. Andererseits liebt er den griechisch-römischen Lebensstil und macht aus Jerusalem ein kleines Rom - ein Römchen sozusagen - mit Theater, Sportveranstaltungen, Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen. Irgendwann überspannt er den Bogen. Greift die Nachbarn an, was Augustus nicht will und kurzerhand mit ihnen Frieden schließt. Herodes ist blamiert. Herodes kriegt nichts mehr auf die Reihe, lästern seine Untertanen. Was seine Gewaltexzesse gegen das eigene Volk nur verstärkt. Zum Beispiel den Kindermord in Bethlehem, als die Weisen ihm berichten, dass dort ein neuer König geboren worden sein soll.
Der ganz normale Wahnsinn ist, dass viele Menschen daher aus Furcht vor Gewalt und Willkür nach Ägypten flüchten. Auch Maria und Josef mit Jesus.
Sie entgehen damit auch dem ganz normalen Wahnsinn, der sich kurze Zeit später nach dem Tod von Herodes in Galiläa abspielt. Ein Darmkrebs hat Herodes schließlich besiegt. Kurz vor seinem Tod hat er noch seinen Sohn Archelaos als Nachfolger bestimmt. Doch der neue Regent muss noch förmlich durch Kaiser Augustus in Rom ernannt werden. Die Reise mit seinen Verwandten dorthin wird für Archelaos zu einer einzigen Katastrophe. Bei der Audienz in Rom fällt die Familie dem Thronfolger in den Rücken und stellt ihn als unfähig dar. Kaiser Augustus platzt die Hutschnur und teilt das jüdische Reich unter den drei Herodes-Brüdern auf, die jetzt nicht mehr als Könige, sondern nur noch als Großfürsten regieren. Herodes Antipas, der jüngere Bruder, erhält Galiläa.
Dort brechen nun wie im ganzen Land Aufstände aus, weil die Feinde des Herodes-Clans nun spüren, dass ihre Zeit gekommen ist. Auch Nazareth ist dadurch und durch den Einmarsch der Römer, die den Aufstand schließlich niederschlagen, betroffen. Als die Unruhen vorbei sind, kehrt auch die Jesus-Familie in die Heimat zurück.
Ich will nun in den ganz normalen Wahnsinn der Zeit springen, als Jesus als Prediger durch die Gegend wandert. Gar nicht normal ist, mit welchen Leuten er es zu tun bekommt. Jesus hat keine Berührungsängste. Verkehrt meist mit ganz normalen, gewöhnlichen Leuten. Jeder fromme jüdische Theologe hätte das vermieden. Jesus liebt die Kinder, merkwürdige Typen und vor allem auch Kranke. Pflegt einen lockeren Umgang mit den verhassten Zöllnern und Ausländern. Nicht normal für die damalige Zeit ist auch sein Umgang mit Frauen. Einige haben sich ihm sogar als Jüngerinnen angeschlossen. Kein griechischer, kein römischer Lehrer hätte das damals geduldet. Auch kein jüdischer Gelehrter.
Aus den Schilderungen der vier Evangelisten kann man sich den ganz normalen Wahnsinn dieser Zeit ausmalen: endlose Wanderungen in staubigen Einöden, zum Teil sogar ins nichtjüdische Ausland, Menschenmassen mit allem damit verbundenen Stress, Unruhe und Streit. Nervige Diskussionen mit den herrschenden religiösen Leitern, Versorgungsprobleme, die Schwierigkeit, sich um sich selbst zu kümmern.
Und dennoch – und das zieht sich durch diese ganze Zeit durch – nimmt Jesus sich immer ganz konzentriert Zeit für den Einzelnen. Ein Beispiel für eine solch intensive Begegnung, die ganz und gar nicht normal ist, möchte ich euch erzählen. Johannes schildert sie bis ins Detail in seinem 4. Kapitel, Verse 5 bis 26. Selbst die Jünger empfinden diese Begegnung als nicht normal, als sie nach einer Weile dazu kommen:
Und darüber kamen seine Jünger und wunderten sich, dass er mit einer Frau redete (Johannes 4, 27).
Was war geschehen?
Jesus ist von Judäa wieder nach Galilea gereist, ist müde und sitzt nun in der Mittagshitze an einem Brunnen. Die anderen sind weggegangen und kümmern sich offenbar um die Verpflegung.
Da kommt eine Frau, die am Brunnen ihren Krug füllen will. Fromme Juden würden jetzt aufstehen und einen großen Bogen um sie machen. Eine Frau. Eine Samariterin gar. Samariter waren für Juden damals das, was heute die Palästinenser für Israelis sind. Fünf Ehen hat sie außerdem hinter sich, wie sich im Lauf des Gesprächs herausstellt. Aber Jesus geht nicht weg, spricht sie sogar an.
Gib mir zu trinken (Johannes 4, 7) Ganz und gar nicht normal ist das. Und daraus entspinnt sich eines der großartigsten theologischen Gespräche Jesu – mit einer Samariterin - der Wahnsinn!
Jesus outet sich ihr gegenüber zum ersten Mal als der Messias, bietet ihr als Gegenleistung das lebendige Wasser des Lebens an!
Im Alten Testament gibt es eine Bibelstelle - in Jeremia 17,13 - in der Gott selbst als Quelle des lebendigen Wasser bezeichnet wird:
Alle, die dich verlassen, müssen zuschanden werden, und die Abtrünnigen müssen auf die Erde geschrieben werden; denn sie verlassen den HERRN, die Quelle des lebendigen Wassers.
Gott selbst ist die Quelle und Jesus bietet sich nun dieser Frau als diese Quelle an!
Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn, und er gäbe dir lebendiges Wasser. (Johannes 4,10)
Trotz seiner Müdigkeit ist Jesus nicht genervt, geht ausführlich auf das verkorkste Leben der Frau ein, legt ihr aus, wer der wahre Gott ist und öffnet der Frau schließlich die Augen über seine Identität:
Spricht die Frau zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen. Jesus spricht zu ihr: Ich bin's, der mit dir redet. (Johannes 4, 25-26)
Als die Frau bekennt, dass sie ihm glaubt, gibt Jesus sich ihr zu erkennen.
Ist das nicht Wahnsinn? Herkunft, Stellung, Nationalität, das bisherige Leben – es spielt keine Rolle. Spätestens, wenn Du Dich zu Jesus bekennst, gibt Jesus sich Dir zu erkennen. Er will Dir lebendiges Wasser geben. Das ist die Botschaft aus dem Gespräch.
Das ist der Wahnsinn!
Jesus bleibt in dem ganz normalen Wahnsinn seines irdischen Lebens seinem Auftrag treu. Er lebt dieses unruhige Leben konsequent. Sein irdisches Leben zwischen Weihnachten und Ostern, in dem nun bald der Wahnsinn triumphiert.
Damit komme ich zu Karfreitag und Ostern, darüber wirst du in der nächsten Zeit mehr hören, aber ich will kurz auf das einstimmen, was da passierte. Der helle Wahnsinn!
Man könnte es in der damals herrschenden Vorstellung so zusammenfassen: es kommt zum Showdown zwischen dem ganz normalen Wahnsinn des irdischen Lebens und der göttlichen Himmelswelt, die nichts anderes möchte, als zu zeigen, wie sie sich nach Gemeinschaft mit uns Menschen sehnt.
Zunächst scheint der ganz normale Wahnsinn der irdischen Intrigen und Machtspielchen zu triumphieren. Jesus wird verhaftet und gerät zwischen die Interessen des unsicheren römischen Statthalters Pontius Pilatus, des entschlossenen Hohepriesters Kaiphas und des desinteressierten Viertelfürsten Herodes Antipas. Jeder der drei schiebt die Verantwortung zum Nächsten. Den Ausschlag gibt schließlich die Menge der vom Hohepriester in den Burghof bestellten besorgten Bürger, die schließlich Kreuzige ihn! rufen.
Der ganz normale Wahnsinn. Soll auch heute noch vorkommen.
Und Jesus: macht das alles schweigend mit. Geht weiter konsequent den Weg, seinem Auftrag folgend. Trägt das Kreuz. Hängt schließlich am Kreuz. Stirbt.
Das sagt sich so leicht. Aber es ist die grausamste Hinrichtungsart, die die Antike kennt. Gerne zur Abschreckung von Aufständigen und zum Triumph der gerade Mächtigen praktiziert. Ein absoluter Horror. Der blanke Wahnsinn, wenn man es sich genau überlegt.
Und doch triumphiert Jesus schon hier, denn seine Mission ist erfüllt. Seinen Jüngern hatte er das auf dem Weg nach Jerusalem so angekündigt:
Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele. (Matthäus 20, 25-28)
Jesus weiss, was er tut.
Und noch ist der Showdown nicht zu Ende. Karfreitag ist nicht der Schluss. Jesus kommt wieder. Den Pharisäern hatte er es angekündigt, als sie ein Zeichen forderten:
Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein. (Matthäus 12,40)
Um danach passiert das Unglaubliche: Jesus steht aus dem Grab wieder auf! Die Jünger hatten das gehört, die meisten Menschen haben das gehört. Und konnten und können es nicht glauben.
Ostern, die Auferstehung – das ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte - ja, der Weltgeschichte. Die Auferstehung zeigt die Macht und die Kraft Jesu. Gottes Macht und Kraft. Totenauferweckungskraft. Die Berichte der Jünger sind eindeutig. Zahlreiche Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus sind von den Augenzeugen überliefert. Und das stärkste Indiz für die Wahrheit der Auferstehung ist, dass aus einem Haufen verängstigter Jünger, die weggerannt sind, als Jesus gekreuzigt wird, überzeugte Botschafter Jesu werden, die das schließlich meist mit dem Leben bezahlen. Ohne sie wüssten wir nichts von diesem Jesus.
Vier haben schließlich eine Biographie über Jesus geschrieben. Die Evangelien. Welcher von den einst Mächtigen dieser Welt hat es je auf vier Biographen gebracht?
Und immer wieder gab und gibt es Menschen, die diesem lebendigen Jesus begegnen. Die davon erzählen. Wie er ist. Die sich von seiner Botschaft ansprechen lassen: Dass Gott uns so sehr liebt, dass er Gemeinschaft mit Dir und mir haben will. Dass er Dich und mich heilen und erretten möchte.
Und das nun schon über 2000 Jahre! Das ist ganz und gar nicht normal. Das ist der Wahnsinn!
Ich hoffe, ich habe Dich ein bisschen neugierig gemacht. Auf diesen Jesus. Er liebt Dich und sucht Dich! In Deinem ganz normalen Wahnsinn.
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